Ausländergesetz

Debatte zum Ausländergesetz

In Artikel 15 geht es um die Regelung des Aufenthaltes, wenn man regulär in die Schweiz einreist und einen Antrag auf Aufenthalt stellt: Es geht um die Frage, wo man den Entscheid, ob man bleiben kann oder nicht, abwarten kann - oder muss. Der Bundesrat schlägt vor, dass man den Entscheid über die Aufenthaltsbewilligung im Ausland abwarten muss, macht dann allerdings in Absatz 2 eine Einschränkung, dass man eventuell unter bestimmten Bedingungen das Verfahren in der Schweiz abwarten kann.

Ich schlage Ihnen einen anderen Modus vor, bei dem man den Entscheid, ob man bleiben kann oder nicht, in der Schweiz abwarten kann. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ein Vater mit einer regulären Aufenthaltsbewilligung arbeitet in der Schweiz, wird von seiner Familie besucht. Er stellt Antrag auf Familiennachzug. Hier finde ich es eine Schikane, wenn die Leute ausreisen müssen, bis dieser Familiennachzug bewilligt ist. Ich denke, es ist sinnvoller, wenn sie den Entscheid in der Schweiz abwarten können.

Das ist der Sinn meines Minderheitsantrages. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.


Herr Blocher, wenn ich Ihnen jetzt genau zugehört habe, haben Sie eigentlich gegen das bisher verteidigte Konzept des Bundesrates geredet. Sie haben gesagt, es könne Arbeiten geben, die billig seien, die nicht so grosse Qualifikationen erforderten, die aber gemacht werden müssten und für die man vielleicht keine Leute aus der EU und der Schweiz finden könne. In Artikel 23 - bundesrätliche Version - heisst es aber, es könnten nur noch Aufenthaltsbewilligungen zur Ausübung einer Tätigkeit an "Führungskräfte, Spezialisten und andere qualifizierte Arbeitskräfte" gegeben werden. Das ist doch jetzt ein Widerspruch zu dem, was Sie gesagt haben. Was gilt jetzt als Meinung des Bundesrates?


Bei Artikel 20 geht es darum, wer Vorrang hat, auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt beschäftigt zu werden. Es ist etwas kompliziert. Die Minderheit IV (Garbani), die ich unterstütze und die mir am liebsten ist, möchte Artikel 20 streichen und das weiter hinten in Artikel 23 regeln. Dort sind wir dann mitten in der Debatte darüber, wer kommen darf, was für Voraussetzungen die Leute erfüllen müssen. Da kommen dann die ganzen Fragen nach der Qualifikation und nach dem Bedarf des schweizerischen Arbeitsmarktes. Das wäre mir grundsätzlich am liebsten: Artikel 20 streichen.

Für den Fall, dass er aber drin bleibt, gibt es Vorschläge, ihn abzuschwächen. Der Vorschlag des Bundesrates besagt, dass Ausländerinnen und Ausländer nur zugelassen werden können, wenn nachgewiesen werden kann, dass keine inländischen - das heisst einheimischen - Arbeitskräfte und keine Leute aus dem EU-Raum auf dem Arbeitsmarkt zu finden sind. Man muss wissen: Dank dem Freizügigkeitsabkommen mit der EU, das jetzt dann bald zwei Jahre in Kraft ist, gelten ab Juni dieses Jahres auch EU-Angehörige als Inländer und müssen gleich behandelt werden; selbstverständlich gilt Gegenrecht für die Schweizer.

Herr Beck möchte mit seinem Antrag der Minderheit I zu Absatz 1 diese Ausweitung auf EU-Angehörige nicht machen, sondern alle Ausländer gleich behandeln; das wäre quasi eine kleine Aufweichung des dualen Systems. Eine Klammerbemerkung: Ich fürchte aber, dass das mit der EU-Freizügigkeit inkompatibel ist. Aber von der Idee her ist es richtig, es entspricht auch der Idee, kein duales System haben zu wollen.

Dann kommt mein Antrag der Minderheit II zu Absatz 2. Dort ist aufgezählt, in welcher Reihenfolge die Leute zum Arbeitsmarkt zugelassen werden. Ich möchte hier eine Ergänzung, und zwar möchte ich, dass auch Leute mit dem Status der vorläufig Aufgenommenen Vorrang vor neu Zugereisten aus dem Ausland haben. Ich muss schnell zu diesen vorläufig Aufgenommenen etwas sagen: Wir haben ja im Asylgesetz geregelt, dass es eine Kategorie unter ihnen gibt, die humanitär aufgenommen werden, wenn sie seit vier Jahren in der Schweiz sind, eben gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Integration. Die Leute mit vorläufiger Aufnahme leben also mit einem Rechtstitel in der Schweiz; sie haben die Berechtigung, hier zu sein, wenn auch provisorisch. Es ist doch nicht sinnvoll, diesen Leuten nicht Vorrang vor Leuten zu geben, die man neu im Ausland rekrutiert. In der Botschaft - die muss ich schnell zitieren - steht auf Seite 3781: "Keinen Vorrang auf dem Arbeitsmarkt können dagegen die Personen aus dem Asylbereich beanspruchen." Das ist nicht einsichtig, und deshalb schlage ich vor, diesen Buchstaben d einzufügen, weil die Leute physisch in der Schweiz präsent sind, hier leben und es viel gescheiter ist, sie zur Beschäftigung zuzulassen, als neue Leute aus dem Ausland zu holen. Das ist der Sinn meines Antrages der Minderheit II.

Dann möchte ich noch etwas zu den identischen Anträgen Markwalder Bär und Bäumle sagen, die Sie in Ihren Unterlagen haben: die Einzelanträge Nr. 102 und 104. Die möchten da noch einen neuen Buchstaben e einfügen, wonach auch Ausländerinnen, Ausländer, die an Schweizer Hochschulen und Universitäten studiert haben, Vorrang vor Leuten haben, die neu aus dem Ausland kommen. Das macht absolut Sinn. Man muss wissen: Schweizer Universitäten sind ausserordentlich attraktiv für ausländische Studierende. Wir haben offensichtlich einen guten Ruf. 17 Prozent der Studierenden in der Schweiz sind ausländisch. Wenn man auf die Stufe Dissertationen, Doktorate, schaut und wenn man in die Zukunft schaut - mit dem Bologna-Modell für Master -, wird das natürlich vor allem auch für Master zutreffen: Es gibt heute schon Universitäten, wo bis zur Hälfte der Dissertierenden Ausländerinnen, Ausländer sind. Jetzt macht es doch keinen Sinn - das ist eine verschleuderte Ressource, wenn man das auch ökonomisch begründen möchte -, diese Leute auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt nicht vorrangig zuzulassen, vor Leuten, die neu aus dem Ausland kommen.

Das ist zu Absatz 2 zu sagen. Nun zur Minderheit I (Beck) zu Absatz 4. Da nimmt Herr Beck mit den 10 Prozent, die noch ausserhalb der EU rekrutiert werden können, noch eine kleine Öffnung vor, macht also - gegen das duale System - quasi noch einmal ein kleines Türchen auf. Deshalb habe ich ihn unterstützt. Ich vertrete den Antrag jetzt in seinem Auftrag, weil er als Kommissionssprecher nicht dafür eintreten kann.

Ich weiss nicht, ob Sie mir folgen konnten; es ist eine komplizierte Materie. Ich habe versucht, sie zu erklären. Noch einmal: Grundsätzlich müsste diese Frage eigentlich bei der persönlichen Voraussetzung - hinten bei Artikel 23 - geregelt werden.


Frau Leuthard, habe ich richtig gehört. haben Sie als Argument gegen meinen Antrag zu Buchstabe d gesagt, die vorläufig Aufgenommenen seien auch zu denen zu zählen, die schon auf dem Schweizer Arbeitsmarkt seien? Das wären in der Schweiz die 200 000 Arbeitslosen und 60 000 Asylsuchende. Ist Ihnen bekannt, dass in dieser zweiten Zahl alle vorläufig Aufgenommenen und die Personen, deren Gesuch in erster oder zweiter Instanz hängig ist, sowie Kinder von Asylsuchenden enthalten sind? Das sind ja dann nicht 60 000 Personen auf Arbeitssuche, sondern viel weniger. Habe ich Sie da falsch verstanden?


Herr Scherer, haben Sie den Text vor sich? Artikel 21 ist allgemein, er gilt nicht nur für Kurzarbeiter; Arbeiter mit Jahresbewilligungen und Niedergelassene sind nicht ausgenommen. Er umfasst alle. Ich muss gar keine Frage stellen; ich muss es richtig stellen. Es stimmt nicht, was Sie gesagt haben.

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