«Madame Courage» tritt zurück

| Neue Luzerner Zeitung

Viel Lob von der Konkurrenz

Nationalrätin Cécile Bühlmann orientiert sich neu. Sie gab gestern ihren Rücktritt bekannt - der Luzerner Gewerkschafter Louis Schelbert rückt nach.

Vermutet haben es viele, doch nun macht die Luzerner Nationalrätin (Grüne) alles klar. Nachdem sie sich beruflich neu orientierte und das Fraktionspräsidium vor 14 Tagen an Therese Frösch (Bern) übergab, kündigte sie gestern ihren Rückzug als Parlamentarierin an. «Wenn ich sagen würde, es mache mir nichts aus, würde ich lügen», gestand sie ein, als sie bekannt gab, nach 14 Jahren ihren Sessel zu räumen. «Dieser Schritt fällt jedem schwer, der wie ich Politik mit Herzblut betreibt.» Den Schlusspunkt unter ihr Mandat will sie auf die Frühlingssession 2006 setzen.

Lob von der Konkurrenz

Bühlmann sei eine Vollblutpolitikerin gewesen, lobt Nationalrat Ruedi Lustenberger (CVP). Der Rücktritt überrasche ihn sehr: «Sie war ein Medienstar. Ich war selten ihrer Meinung, bedaure aber ihren Rücktritt.» Sie sei die eigentliche Oppositionsführerin gewesen.

«Einthemenpartei geblieben»

Ähnlich ist auch die Reaktion von Otto Laubacher (SVP, Luzern). «Mir fehlt in Zukunft eine Streiterin», sagt Laubacher, der in der Asyl- und Flüchtlingspolitik eine um 180 Grad andere Politik verfolgt.

«Als Person habe ich sie sehr geschätzt, politisch hatten wir aber das Heu nicht auf der gleichen Bühne», betont Georges Theiler (FDP, Luzern). Kritisieren könne man, dass es Bühlmann als Fraktionschefin nicht gelungen sei, die Grünen zu einer Mehrthemenpartei zu formen und Einfluss zu gewinnen. Anders sieht es Hans Widmer (SP, Luzern). Bühlmann habe über eine «herausragende Bedeutung» verfügt. Sie sei eine «Madame Courage» gewesen, die wegen ihrer Asyl- und Ausländerpolitik häufig bedroht worden sei.

Neue Führungsaufgabe

Sie sei sich bewusst, dass sie mit diesem Schritt in der Öffentlichkeit an Bedeutung verlieren werde, führte Bühlmann aus. Der Politik kehrt sie jedoch nicht vollständig den Rücken. Vielmehr will sich die 56-jährige Luzernerin auf ihre neue Stelle als Geschäftsführerin des christlichen Friedensdienstes (CFD) konzentrieren. Bühlmann: «Diese Führungsaufgabe mit dem Nationalratsmandat unter einen Hut zu bringen, ist nicht möglich.»

Bühlmanns Sitz im Nationalrat übernimmt der Luzerner Louis Schelbert. Der 53-jährige Gewerkschaftssekretär ist bei den letzten Regierungsratswahlen dem SVP-Kandidaten Daniel Bühlmann unterlegen. Nach Bühlmanns Abgang schrumpft der ohnehin schon karge Zentralschweizer Frauenanteil unter der Bundeshauskuppel weiter: Luzern wird künftig mit einer zehnköpfigen reinen Männerdelegation in der Grossen Kammer vertreten sein.

Lob von der Parteispitze

«Eine Ära geht zu Ende», führte Ruth Genner, Präsidentin der Grünen, vor den Medien aus. Zwölf Jahre lang habe Bühlmann, die Luzernerin mit der roten Kurzhaarfrisur, der Partei in der Öffentlichkeit ein Gesicht gegeben. Die Länge ihrer Amtszeit sei Ausdruck des Auf und Ab der Grünen Fraktion, sagte die 56-jährige Luzernerin. So habe es jemanden mit Erfahrung benötigt, als die Fraktion stark geschrumpft sei, es habe aber auch Erfahrung gebraucht, als die Fraktion im Jahr 2003 wieder stark angewachsen sei.

Frösch mag nicht flirten

Das Fraktionspräsidium übernimmt Therese Frösch. «Ich bin ein Greenhorn, das nach zwei Jahren im Rat zur Fraktionspräsidentin wird», sagte die Bernerin. Mit zwölf Jahren Exekutiverfahrung als Finanz- und Sozialdirektorin der Stadt Bern hat sie sich allerdings längst über die Bundesstadt hinaus einen Namen gemacht. Trotz beachtlichen Erfolgen der Grünen will sich die 54-Jährige aber nicht auf einen Flirt mit einem Bundesratssitz einlassen. Der von neoliberalem Gedankengut getriebene Bundesrat sei für die Grünen alles andere als attraktiv, sagte sie.

«Cécile Bühlmann war ein Medienstar. Ich war selten ihrer Meinung, bedaure aber ihren Rücktritt.» Ruedi Lustenberger, CVP

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