Gegenposition in Person

| Tages-Anzeiger

Gegen den hetzerischen Kurs der SVP

Cécile Bühlmann sieht ihre Kandidatur für den Bundesrat als "Akt des Widerstands" - gegen den "hetzerischen Kurs" der SVP.

"Sie ist eine starke Politikerin mit Ecken und Kanten", sagt der Luzerner CVP-Vertreter Josef Leu und markiert dann aber gleich politische Distanz. "Sie ist eine vife, freche Frau", sagt die Schwyzer Freisinnige Maya Lalive d'Epinay und meint "frech" durchaus positiv: "Sie hat eine klare Position und macht keinen Hehl daraus."

Sogar aus der SVP kommen anerkennende Worte: "Sie hat Pfiff", sagt der Zürcher Nationalrat Toni Bortoluzzi und rühmt zunächst ihr "spezielles Äusseres", ihr modisches Outfit, das Farbe in den Ratssaal bringt. Er nennt sie aber auch eine "ehrliche Haut" und attestiert ihr "Ernsthaftigkeit" - auch wenn er ihren politischen Standpunkt "eine Katastrophe" findet.

Markige Worte sind immer zu hören, wann immer man sich im Parlament über Cécile Bühlmann umhört. Die 51-jährige Luzernerin, die seit 1991 im Nationalrat politisiert und seit 1994 die grüne Fraktion präsidiert, gehört zu den unverwechselbarsten Figuren im Bundeshaus. Was sie politisch vertritt, ist zwar den Rechten oft nicht genehm. Doch wie sie es tut, weckt auch bei ihnen Respekt. Sie gilt als offen und integer, sachkompetent und engagiert, glaubwürdig und konsequent.

Die Kritik, die gegen die Bundesratskandidatur der Grünen vorgebracht wird, richtet sich denn auch nicht gegen die Person ihrer Kandidatin. Im Gegenteil: Persönlich habe sie "quer durch alle Parteien ein erstaunlich breites positives Feedback" erhalten, sagt Cécile Bühlmann. Die Reaktionen im Parlament hätten von "verschwörerischem Augenzwinkern" bis zu "offener Gratulation" gereicht: "Viele schätzen meine Kandidatur als mutigen Akt des Widerstandes."

Dass es ihr genau darum geht, hätten all jene nicht begriffen, welche die grüne Kandidatur als unrealistische Tagträumerei oder als effekthascherischen PR-Gag kritisiert haben. "Es geht bei den Bundesratswahlen nicht bloss um den rechnerischen Anspruch irgendwelcher Parteien auf einen Anteil an der Macht", sagt Cécile Bühlmann. "Es geht vielmehr um das Profil der Regierung und die Politik, welche die Parteien dahinter betreiben."

Die Nase voll von der Hetze

Die SVP habe mit ihrem "Scharfmacherkurs" massiv zur Verschlechterung des politischen Klimas beigetragen. Sie habe "Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und mangelnden Respekt vor Minderheiten jedwelcher Art" geschürt und ausgenutzt, um sich Zulauf zu organisieren. Nachdem sie deswegen in letzter Zeit schon manchen Strauss mit SVP-Exponenten ausgetragen habe, sei ihre Kampfkandidatur nur konsequent: "Ich tue es für all jene, die vom hetzerischen Kurs dieser Partei die Nase voll haben."

Zur "natürlichen Kontrahentin" der SVP ist Cécile Bühlmann durch ihr politisches und ihr berufliches Engagement geworden. Als Feministin und Gewerkschafterin zu den Grünen gestossen, hat sie sich nie auf ökologische Probleme konzentriert, sondern stets vor allem die Rechte der Frauen, von Eingewanderten und Asyl Suchenden verteidigt. Als Vizepräsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus engagiert sie sich unerschrocken gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Dabei kann sie auf die Erfahrungen zurückgreifen, die sie einst als junge Lehrerin, seit 1981 als Beraterin für ausländische Eltern in Schulfragen sowie seit 1989 als kantonale Beauftragte für interkulturelle Erziehung gemacht hat. Letztlich führt sie ihr kämpferisches Engagement für Menschen aus andern Kulturen aber auf ihre eigenen Wurzeln zurück.

Von Mutter und Grossvater geprägt

Ihr Grossvater hatte Italien verlassen, um als freiwilliger Spanienkämpfer die Demokratie gegen den Faschismus zu verteidigen. Ihre Mutter lebte ihr in den 50er-Jahren im luzernischen Sempach vor, wie man dem Schimpfwort "Tschingge" selbstbewusst und anwaltschaftlich entgegentreten konnte. "In einer Familie ohne ausländerfeindliche Sprüche aufzuwachsen, ist ein grosses Glück."

Ihr Interesse an anderen Menschen, ihre Neugierde auf fremde Kulturen hat sie viele Sprachen lernen lassen. So kann sie sich auf Spanisch, Portugiesisch, Italienisch, Französisch und Englisch verständigen, wann immer sie - aus ökologischen Gründen möglichst ohne Auto und Flugzeug - die Welt bereist. Ihre Kontaktfreude und die Fähigkeit, auf Fremde und anders Denkende zuzugehen, haben freilich auch Grenzen.

Mit dem Ratskollegen Christoph Mörgeli, muss Cécile Bühlmann zugeben, spreche sie nicht. Der Zürcher Nationalrat aber sagt kurz und bündig, was er von ihr hält: "Sie ist links, feministisch, grün - und sie sieht hinter jedem Baum einen Rassisten." Für Cécile Bühlmann sind Gespräche mit andern Politikern dann "absolut uninteressant, wenn anders Denkende zum Gespött gemacht und mit Zynismus und Häme überschüttet werden."

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