«Das Amt passt einfach zu mir»
| erschienen in der baz, von Ueli Bachmann
Cécile Bühlmann wechselt die Bühne – nicht aber ihre Ideale
Cécile Bühlmann ist ab heute Präsidentin von Greenpeace Schweiz. Die ehemalige Luzerner Nationalrätin der Grünen sieht keinen Anlass, die Ausrichtung von Greenpeace zu ändern: Für freche, couragierte und spektakuläre Auftritte war sie selber ebenso bekannt wie Greenpeace.
Sich an Schienen ketten oder auch nur auf das Gerüst der Bundeshauskuppel klettern, nein, das würde sie sich auf keinen Fall trauen. «Für solche körperliche Einsätze fehlt mir selber der Mut. Für das habe ich die Greenpeace-Aktivisten schon früher immer bewundert», sagt Cécile Bühlmann. Ab heute steht die 57-jährige Luzernerin Greenpeace Schweiz als Stiftungsratspräsidentin vor und ist froh, dass sie sich nur mit strategischen Zielen, Finanzen oder repräsentativen Pflichten zu beschäftigen hat.
An Mut, sich für ihre Sache auf politischem Parkett zu engagieren, daran fehlte es ihr aber nie. Dies tat sie für die einen mit Charme und Eloquenz, für andere mit der Sturheit einer radikalen Feministin. 14 Jahre war Cécile Bühlmann für die Grünen im Nationalrat, 12 Jahre als Fraktionspräsidentin in einer wechselvollen Zeit, mit dem Verlust von fast der Hälfte der 14 Sitze bei den Wahlen 1995 und der glanzvollen «Rückkehr» im Jahr 2003 mit 15 Sitzen.
«Madame Courage».
Cécile Bühlmann war einer der Stars im Bundeshaus. Wenn sie auftrat, hat sie polarisiert, und sei es nur aufgrund ihres modisch-farbigen Äusseren. Doch selbst bei ihren Gegnern hat sie mit ihrer Hartnäckigkeit und ihrem Engagement Respekt erlangt: An ihrem letzten Tag im Nationalrat im Dezember wurde sie von Weggefährtinnen als erfolgreiche Oppositionsführerin bezeichnet, als «Madame Courage» im Kampf gegen Diskriminierung von Minderheiten.
In Luzern war sie bis letzten September als Beauftragte und Dozentin für Interkulturelle Erziehung an der Pädagogischen Hochschule tätig. Aus beruflichen Gründen hat sie das Nationalratsmandat abgegeben. Bühlmann arbeitet seit 1. Oktober 2005 zu 80 Prozent in Bern als Geschäftsleiterin des Christlichen Friedensdienstes, einer feministischen Nicht-Regierungsorganisation. Leicht fiel ihr der Rücktritt nicht. Es fehlen ihr die politischen Debatten, es fehlt ihr auch der Bundeshausbetrieb und das Stehen im Rampenlicht.
Die Anfrage für das Präsidium bei Greenpeace Schweiz nach ihrem Rücktritt bezeichnet sie denn als «wahren Glücksfall». «Diese Berufung hat mich gefreut, das passt einfach genau zu mir», sagt sie. Die Ziele und Themen seien dieselben, für die sie stets auch gekämpft habe, eine anwaltschaftliche Rolle für die Umwelt zu spielen und ihr eine Stimme zu geben, sagt Bühlmann.
Aktiver in der Bundespolitik
Greenpeace Schweiz hat bisher wie ihre Partnerorganisationen im Ausland nicht auf prominente Repräsentanten gesetzt. Jetzt wird mit der Berufung von Cécile Bühlmann Neuland betreten. Sie selber wertete dies als Zeichen dafür, dass die Organisation sich auch vermehrt in der Bundespolitik einbringen will und deshalb auf politische Erfahrung und ein Beziehungsnetz setzt. Die Vernetzung mit den anderen Umweltorganisationen wurde schon in den vergangenen Jahren vorangetrieben; so hat Greenpeace sich etwa im Kampf gegen den Abbau des Verbandsbeschwerderechts mit Partnern engagiert. Dass ausgerechnet eine Grüne das Präsidium besetzt, die sich für die Rechte der ausländischen Minderheit engagiert hat, passte nicht allen: Bei Greenpeace gingen nach der Nominierung einige böse Briefe ein. «Es gibt eben auch bei Umweltschützern ein paar, die den Ausländern die Schuld an der Umweltverschmutzung in die Schuhe schieben wollen», sagt sie gelassen.
Muttenzer Trinkwasser
Mit der neuen Präsidentin gibt es keine radikale Neuausrichtung. Und für allfällige Kurskorrekturen müssen nach Bühlmann die Diskussionen im Stiftungsrat erst geführt werden, weil vier von sieben Stiftungsräten neu sind. Greenpeace Schweiz wird sich auch weiterhin bei Themen zu Klimawandel, Atomenergie und Gentechnologie einsetzen und sich nach Greenpeace international richten. Bühlmann verweist auf die bisherigen Erfolge der Organisation Greenpeace. So etwa darf in der Schweiz nur noch zertifiziertes Tropenholz für Türen verwendet werden. Greenpeace soll auch weiterhin eine aktive Rolle spielen und sich einbringen, wie im Fall der Muttenzer Trinkwasserversorgung, wo durch Untersuchungen von Greenpeace Chemikalien im Trinkwasser nachgewiesen wurden.
Mehr Spendengelder
Das Engagement von Greenpeace stösst zunehmend auf breitere Akzeptanz. Davon zeugen die Spenden, die 2005 trotz grosser Konkurrenz mit fast 20 Millionen Franken neun Prozent über dem Vorjahr lagen. Umweltthemen seien wieder im Kurs, auch bei den Jungen, sagt sie. «Viele zeigen sich interessiert an den Aktionen und wollen sich engagieren.» Ihre Aufgabe sieht die neue Präsidentin in der strategischen Führung und der Kontrolle über den Umgang mit den Spendengeldern.
Keine Absage gibt es auch bei den spektakulären und medienträchtigen Aktionen. «Diese sind bei Greenpeace stets gewaltfrei, das ist das oberste Prinzip. Greenpeace-Aktivisten legen mit ihren Aktionen Zeugnis gegen Umweltverbrechen ab, solchen Widerstand kann ich voll und ganz unterstützen», sagt Bühlmann. Sie selber kletterte nie für Umweltanliegen auf hohe Gerüste, einschlägige Erfahrungen mit illegalen Aktionen hat sie dennoch schon gemacht: In «jungen Jahren» deckte sie mal frauenfeindliche Plakate mit Klebern ab.