Emotional überbordende Diskussion

| Leserinnenbrief zum Bundesgerichtseintscheid zur Einbürgerung, NLZ

Aus den Ferien zurück habe ich beim Durchblättern der NLZ-Ausgaben der letzten Wochen festgestellt, dass der Bundesgerichtsentscheid zur Einbürgerung von anfangs Juli hohe Wellen geworfen hat. Inhaltlich ist so ziemlich alles gesagt worden, was es dazu zu sagen gibt und dass die Grünen über diesen Entscheid hoch erfreut sind, weil er unsere Bemühungen um ein faires Einbürgerungsverfahren stützt, ist auch geschrieben worden. Dass man in der Güterabwägung zwischen dem Schutz der Verfassung und der befürchteten Einschränkung der direkten Demokratie unterschiedlicher Auffassung sein kann, kann ich ja noch nachvollziehen, obwohl die direkte Demokratie bei Einbürgerungsentscheiden an der Urne geradezu ad absurdum geführt wird. Denn man soll den Stimmberechtigten tatsächlich nur Fragen zur Abstimmung unterbreiten, die sie in guten Treuen mit ja oder nein beantworten könne, ohne dabei die Verfassung zu verletzen. Dass das bei einem aus simplem Ressentiment aus dem Bauch heraus gefällten Nein zu einer Einbürgerung eben nicht funktioniert, hat das Bundesgericht entschieden und damit Klarheit in eine schon länger dauernde Debatte gebracht. Ein Recht auf Willkür gibt es auch in der Demokratie nicht, wie es in der NLZ vom 17. Juli heisst.

Was mich aber bei den Reaktionen erschreckt hat, ist die Diffamierung des Bundesgerichtes und das Gerede vom Richterstaat, wie das auch der Luzerner CVP-Präsident Ruedi Lustenberger tut. Solche Aussagen sind wir uns sonst nur von Berlusconi und von der SVP gewöhnt! Diese harsche Reaktion der Luzerner CVP erstaunt umso mehr, wenn man weiss, dass im Nationalrat bei der Abstimmung über die Einführung des Beschwerderechtes gegen diskriminierende Einbürgerungen die CVP grossmehrheitlich zugestimmt hat, nämlich mit 25 gegen 5 Stimmen und dass sich sowohl die CVP-Bundesrätin Metzler wie auch der CVP-Fraktionschef vehement für dieses Beschwerderecht eingesetzt haben. Dass dieses mit Urnenabstimmungen nicht kompatibel ist, war damals schon allen klar!

Was auch noch auffällt ist, wie wenig der Integrationsgedanke und die Betroffenen, die Einbürgerungswilligen selber im Fokus der Betrachtungen sind. Dass das Bundesgerichtsurteil für diese ein wichtiger Schritt ist, der sie in Zukunft vor Willkür und Diskriminierung bei der Einbürgerung schützen soll, wird kaum thematisiert. Als gute Demokratin bin ich daran interessiert, dass möglichst viele auf Dauer in einem Land lebende Personen demokratisch mitentscheiden können, wie das Zusammenleben in diesem Land gemeinsam gestaltet wird. Deshalb hoffe ich natürlich, dass durch diesen Bundesgerichtsentscheid von den über 630 000 Personen, die länger als 12 Jahre in der Schweiz leben, sich einige angesprochen fühlen, den letzten und wichtigen Schritt zur Integration unter die Füsse zu nehmen.

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