Die Trojanerinnen von Greenpeace

| Mein Leserbrief erschien in gekürzter Form in der NZZaS vom 24. Juli 2022

Die Klimaseniorinnen und Greenpeace ziehen am gleichen Strick - hoffentlich!

NZZaS: Die Trojanerinnen von Greenpeace

Das Trojanische Pferd ist eine Kriegsstrategie zur Täuschung des Feindes. Die NZZaS vom 17. Juli verwendet dieses Bild, um die Aktivitäten der Klimaseniorinnen als arglistiges Täuschungsmanöver der Umweltschutzorganisation Greenpeace darzustellen, weil sie verheimliche, dass zwischen ihnen eine Zusammenarbeit bestehe. Um die Story so richtig süffig zu machen, wird vom Chefredaktor Jonas Projer sogar der Vergleich mit der Erdöllobby und ihren klandestinen Methoden bemüht. Er versucht uns weiszumachen, dass Greenpeace genauso schlimm sei wie die von ihr bekämpfte Erdöllobby und dass die Aktivistinnen hüben wie drüben nichts anderes als bezahlte Statisten seien.  

Ich finde es nahezu ehrverletzend, wenn die NZZaS die KlimaSeniorinnen quasi als unbedarfte, von Greenpeace instrumentalisierte Alte darstellt. Als ob diese nicht zum Teil lebenslange Bewegungsaktivistinnen wären, denen man das politische Handwerk nicht beibringen muss, wissen diese doch aus langjähriger eigener Erfahrung, wie man öffentlich Einfluss auf die Politik nimmt. Und wenn die Politik so sehr versagt wie beim Klimaschutz, ist der Weg ans Gericht ein zwar ungewohnter, aber notwendiger weiterer Schritt, um die Verantwortlichen für ihr Nichtstun anzuprangern und zur Rechenschaft zu ziehen.

Die süffige Story ist auch faktisch falsch: hätte sich de NZZaS die Mühe genommen, seriös zu recherchieren, hätte sie festgestellt, dass beide Organisationen ihre Zusammenarbeit deklarieren. Auf der Webseite der Klimaseniorinnen steht nämlich: »Stell dir vor: Seniorinnen könnten uns vor dem Klimakollaps retten. Genau das versuchen die KlimaSeniorinnen mit Unterstützung von Greenpeace mit ihrer Klimaklage gegen Bundesrat und Verwaltung.» Und auf der Greenpeace-Webseite steht: »Die Schweizer KlimaSeniorinnen setzen sich mit Unterstützung von Greenpeace im Interesse aller für mehr Klimagerechtigkeit ein.»

Ich habe eine starke Vermutung, warum der Tenor des Textes so Greenpeace- und Klimaseniorinnenfeindlich ist, nämlich weil ihr Vorgehen so erfolgreich ist! Diese tendenziöse Berichterstattung kommt nicht ganz überraschend. Es war bislang immer die NZZ, welche mit Kommentaren den gerichtlichen Weg der KlimaSeniorinnen aufs Schärfste verurteilt hat. Und je stärker die KlimaSeniorinnen werden, desto lauter werden auch deren Kritiker:innen. Dass sie erfolgreich sind, hat ja auch die NZZaS erkannt, so schreibt Carole Koch im Lead, dass die KlimaSeniorinnen die Welt verändern könnten. Die Geschichte beginnt ganz gross zu werden, grösser als die Schweizer KlimaSeniorinnen. Denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte EGMR hat bereits drei Klimaklagen in die Grosse Kammer gehievt. Konkret bedeutet das: Es werden in den nächsten Monaten diverse Entscheide vom EGMR bezüglich Klimaschutz und Menschenrechte gefällt, die KlimaSeniorinnen sind ein Fall davon. Es läuft also ziemlich gut mit dem gerichtlichen Weg.

Die Zusammenarbeit zweier starker Player scheint also eine grosse Dynamik zu entfalten. Was kann uns Besseres passieren, als dass dieses Zusammenspiel hoffentlich eine Erfolgsgeschichte wird! Es geht nämlich um viel, um unser aller Zukunft auf einem gefährdeten Planeten!

Cécile Bühlmann, ehemalige Präsidentin von Greenpeace Schweiz.

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