Kolumne 60plus Warten auf Harris

| Kolumne erschienen auf der Webseite von Luzern60plus

Warum Kamala Harris meine Gemütslage verbessert hat

 

Der amerikanische Wahlkampf wirft Wellen bis zu uns.

 

Seit Kamala Harris die oberste Politbühne der USA betreten hat, geht es mir besser. Das bleierne Gefühl, welches der Wahlkampf zwischen Joe Biden und Donald Trump vermittelt hatte, wurde wie weggeblasen. Ihr Eintritt in den Wahlkampf hat eine Dynamik entwickelt, die den Glauben an eine bessere Zukunft zurückgebracht hat. Das hat auch mich positiv beeinflusst. Als politisch interessierter Mensch nehme ich regen Anteil am Geschehen in den USA. Obwohl in vielen Gegenden der Welt auch wichtige und folgenschwere politische Vorkommnisse geschehen, haben die Ereignisse in den USA eine ungleich heftigere Auswirkung auf meine Gemütslage. Ich lebe den amerikanischen Wahlkampf emotional fast gleich intensiv mit wie den in der Schweiz. Nur noch die deutschen Wahlen gehen mir emotional ähnlich nahe.

Seit Kamala Harris im Rennen ist, ist diese Beklemmung weg und es macht wieder Freude!

Ganz offensichtlich geht es nicht nur mir so. Die gleiche Erleichterung verursachte Harris Wahlkampfeintritt bei allen meinen Freundinnen und Bekannten. Ich kenne persönlich keinen einzigen Menschen, der lieber Trump als Harris im Weissen Haus haben möchte.

Das hat mit den Auswirkungen einer Trump-Präsidentschaft auf die Weltpolitik zu tun. Auch wir als europäisches Land würden diese massiv zu merken bekommen. Die MAGA-Manie verheisst umgesetzt, dass die USA vor allem an sich selber denken und ohne Rücksicht auf Verlust den Rest der Welt sich selber überlassen würden. Oder noch schlimmer, mit Potentaten wie Putin, Kim Jong-un oder Orban würde Trump sehr wohl dealen wollen. Mit Xi Jinping würde er sich ein gefährliches Duell liefern, wer der grössere von Beiden ist. Allein seine vollmundige Aussage, dass er den Ukraine- und den Gaza-Krieg in einem Tag beenden würde, muss doch alle einigermassen vernünftigen Menschen entweder zum Lachen oder zum Verzweifeln bringen. Und ein solcher Mensch soll Präsident des wichtigsten Landes in der westlichen Welt werden! Ein Graus!

Überhaupt ist das grosse Ego Trumps kafkaesk: für ihn gibt es keine tollere Show, keine bessere Fernsehdebatte, keine grössere Menschenansammlung als die, bei der er die Hauptrolle spielt.

Ich kann beim besten Willen jemanden nicht ernst nehmen, der so egoman und unflätig auftritt und so unverfroren lügt. Ich kann nicht glauben, dass jemand, der so viel Unsinn verbreitet, alle Sinne beisammen hat und in der Lage sein soll, eine gute Politik für die amerikanische Bevölkerung zu machen. Kurz und gut: ich zweifle an Trumps Zurechnungsfähigkeit und würde ihm nie die Geschicke eines Landes anvertrauen.

Dass ihm eine so grosse Zahl amerikanischer Wähler und Wählerinnen trotzdem die Stimme geben will, ist für mich eines der grossen Rätsel unserer Zeit. Warum sie diesem Angeber alles durchgehen lassen, vom Leugnen demokratisch ermittelter Wahlergebnisse über den Sturm aufs Kapitol bis zu all seinen Betrügereien und seiner Frauenfeindlichkeit, bleibt für mich unerklärbar.

Ich bin immer noch beflügelt von der Aussicht, dass die gescheite und integre Kamala Harris die erste amerikanische Präsidentin wird. Ich hoffe immer noch, dass sie es schaffen wird, trotz der zwei Handicaps, die sie aus Sicht weisser patriarchaler Amerikaner hat, nämlich Frau und schwarz zu sein. Immer wieder, wenn ich lese, dass ihre Wahl überhaupt noch nicht sicher sei, dass es knapp werden könne, verzweifle ich fast. Und ich erinnere mich dann an die halbe Depression, die mich überkam, als 2016 Donald Trump statt Hillary Clinton die Wahl gewann. Dieses Gefühl, den Boden unter den Füssen zu verlieren und in ein schwarzes Loch zu stürzen, werde ich nie vergessen. Ich hoffe inständig, dass sich so etwas nicht noch mal wiederholt.

Aber es geht nicht um meine Befindlichkeit, es geht um die globalen Auswirkungen einer solchen Wahl. Wie ich oben beschrieben habe, wären die schlimm und unsere ohnehin gefährdete Welt geriete in eine noch viel gefährlichere Lage. Hoffentlich bleibt das uns allen erspart.  

 

Luzern, 21. September 2024

Cécile Bühlmann             

    

 

 

 

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