Kolumne 60plus: Generationenvertrag

| Kolumne erschienen auf der Website von Luzern60plus

Der Generationenvertrag unter schwerem Beschuss

Ich werde zurzeit immer wieder von jüngeren Leuten besorgt darauf angesprochen, ob denn überhaupt noch Hoffnung bestehe, dass sie selber im Pensionsalter einmal eine AHV-Rente bekommen würden. Mich betrübt diese Frage, sie wundert mich aber nicht. Denn was jetzt in der Altersrenten-Debatte in den Medien abgeht, ist schlicht verantwortungslos! Da titelt der «Sonntagsblick»: «Das Rentendesaster – Junge zahlen Milliarden für Alte». Und die «NZZ am Sonntag» bläst ins gleiche Horn: «Diese Reform der Altersvorsorge ist ein Betrug an den Jungen.»

Dabei werden Berechnungen angestellt, die beweisen sollen, dass die Alten auf Kosten der Jungen ihre Altersvorsorge sanieren. Der Mitte-Links-Koalition im Ständerat wird vorgeworfen, dass sie ja nur die eifrig an die Urne gehenden älteren Jahrgänge nicht vergraulen und damit ihre Wiederwahl nicht gefährden wolle. Der 34-jährige Vizepräsident der FDP, Christian Wasserfallen, verkündet auf allen Kanälen, dass er nicht mehr daran glaube, je einen Franken AHV-Rente zu bekommen und dass er allen Jungen anrate, eine private dritte Säule aufzubauen. Abgesehen davon, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass durchschnittlich verdienende junge Familien genügend Geld haben, um diese dritte Säule zu finanzieren, kann dieser Ratschlag nur jemand freuen: Die Privatversicherer und die Banken! Für sie ist das private Sparen offensichtlich ein ganz lukratives Geschäft. Aber für die ArbeitnehmerInnen ist es die teuerste und unrentabelste Form der Altersvorsorge. Denn die Privatversicherer bringen hohe Verwaltungskosten in Abzug und wollen mit den erwirtschafteten Gewinnen vor allem ihre Aktionäre bei Laune halten. Das ist also keine wirkliche Alternative zu AHV und BVG und kann höchstens als Ergänzung eine Rolle spielen!

Was bei der aktuellen Debatte völlig fehlt, ist der Aspekt der Solidarität zwischen den Generationen, der der genialen AHV wie deren DNA zu Grunde liegt. Als ich im Jahr 1970 als 20-jährige Lehrerin anfing, AHV-Beiträge zu bezahlen, war mir doch völlig klar, dass ich damit die Rente von Leuten mitfinanziere, die noch nie – oder wie mein Vater noch nicht lange – selber Beiträge bezahlt hatten. Der Gedanke, dass meine Eltern dank der AHV einmal ein finanziell gesichertes Alter haben werden, war für mich aber extrem beruhigend. Ich wusste, dass ich und meine Geschwister dereinst finanziell nicht für unsere betagten Eltern aufkommen müssen.

Dieser Gedanke fehlt in der jetzigen Debatte völlig. Auch der Gedanke, wie viel Transferleistungen im Laufe des Lebens von den Eltern auf die Jungen übergehen! Und wie viel Kinderbetreuungsstunden von Grosseltern geleistet werden, damit ihre Kinder dem Erwerb nachgehen können! Und sollte die Rechnung mit den Lohnprozenten tatsächlich einmal nicht mehr aufgehen, kommt vielleicht die Energiesteuer oder die Erbschaftssteuer wieder auf den Tisch. Letztere wäre immer noch die sozialste Finanzierungsquelle, weil sie Geld von reichen Alten in die AHV transferiert. Dass sie abgelehnt wurde, ist für mich auch Ausdruck der Entsolidarisierung in unserer Gesellschaft. Das muss uns echt Sorgen machen!

Zurück