Kolumne 60plus: Corona und die Grünen

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Kolumne 60plus: Corona und die Grünen

Warum ich nicht im Widerstand gegen die Corona-Massnahmen bin

 

Diese Woche bekam ich wieder einmal dicke Post. Eine mir unbekannte Frau schreibt mich in meiner Funktion als Mitglied der Grünen an. Sie rege sich seit Monaten darüber auf, dass sich die Grünen nicht kritischer zur Coronakrise, zu den dazu beschlossenen Massnahmen und vor allem zur Impfung äussern würden. Diesen Ärger müsse sie loswerden, denn es sei für sie eine grosse Enttäuschung in dieser Krise, dass die ehemals kritischen Grünen quasi Gewehr bei Fuss hinter dem Bundesrat stünden. Selber denken sei doch ursprünglich eine herausstechende Eigenschaft der Grünen gewesen, das scheine in dieser Corona-Krise völlig abhandengekommen zu sein. Sie schreibt, dass die Pharma, die Medien und die Regierung die Pandemie gemacht hätten und dass die Impfung alarmierend viele Todesfälle zur Folge habe, was vertuscht würde. In diesem Stil geht es weiter und der Brief gipfelt im Fazit, dass sie sich deshalb von den Grünen ab- und dem einzigen Politiker zuwende, der sich kritisch zu äussern wage: Roger Köppel!  

Aus ihren Zeilen spricht vieles, was an den sogenannten Querdenkerdemos auch gesagt wird und was auch im sehr umstrittenen Club des Schweizer Fernsehens am 3. August von den Coronamassnahmen-Skeptikern ins Feld geführt wird. Immer wieder tauchen ähnliche Aussagen auf, die einen leugnen die Existenz der Pandemie, die andern halten sie für eine harmlose Grippe und die Dritten halten die staatlich verordneten Massnahmen dagegen für unnütz, falsch oder gar lebensbedrohlich. Allen gemeinsam ist der verschwörungserzählerische Hintergrund: irgendwelche nicht legitimierten Mächte benutzen die Pandemie, um unsere Freiheiten einzuschränken. Es geht nicht darum, uns vor der Pandemie zu schützen, sondern diese als Vorwand zu missbrauchen, um uns unsere Rechte zu nehmen und eine autoritäre Diktatur zu errichten. Dagegen sei Widerstand nicht nur legitim, sondern geradezu Pflicht.  

Ich bin so froh, dass die Grünen solch skurrilen Positionen eine klare Absage erteilen. So haben die Grünen Im Kanton Zürich schon vor über einem Jahr ihren eigenen "Querdenker", Urs Hans aus der Kantonsratsfraktion und der Partei ausgeschlossen, was ich absolut notwendig und richtig finde. Wie bereits im Kampf gegen die Klimaerwärmung basiert die Politik der Grünen auch bei der Corona-Pandemie auf Erkenntnisse der Wissenschaft. Diese vertritt seit Beginn der Pandemie mit klarer Mehrheit die Ansicht, dass die Verbreitung des Coronavirus eingedämmt werden muss, um eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden und die Bevölkerung und besonders verletzliche Personen zu schützen. Die Grünen vertrauen auch auf die Einschätzungen der Wissenschaft, was die Bedeutung der Impfung, das Tragen von Masken, die Einhaltung von Abstandsregeln oder das Contact Tracing zur Eindämmung der Pandemie betrifft. Sie empfehlen, sich impfen zu lassen, das schützt nicht nur die einzelne Person, sondern ist auch ein Akt der Solidarität gegenüber andern. Sie haben sich auch dafür eingesetzt, dass Corona-Test kostenlos sind und dass auch negativ getestete oder genesene Personen ein gültiges Covid-Zertifikat erhalten. Selbstverständlich haben sich die Grünen auch dezidiert für die Verlängerung der Kurzarbeitsentschädigung und eine ganze Palette weiterer Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie stark gemacht. Ich empfinde die Haltung, Strategie und Kommunikation der Grünen zu Corona bisher nachvollziehbar und stringent. Ich sehe keinen Grund, dagegen in den Widerstand zu gehen. Im Gegenteil, ich bin froh, einer Partei anzugehören, die zusammen mit andern, vor allem linken Parteien, eine solch pragmatische Haltung vertritt. Wissenschaft und Solidarität gegenüber den Schwächsten in unserer Gesellschaft sollten uns leiten.

Ich finde den Begriff Diskriminierung falsch, wenn es darum geht, dass Leute ohne Covid-Zertifikat gewisse Einschränkungen auf sich nehmen müssen. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn jemandem auf Grund unveränderbarer Merkmale wie Geschlecht oder Hautfarbe Nachteile erwachsen oder der Zugang zu Dienstleistungen verweigert wird. Das ist beim Impfen oder Testen nicht der Fall, da hat es jeder Mensch selber in der Hand, zu den Geimpften zu gehören oder nicht.

 

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